Teeny – Das Leben mit einem Schissi

Das Leben mit einem Schissi …

.. ist manchmal anstrengend, manchmal schwierig, aber meistens lohnenswert!

Unser Schissi heißt Teeny, mittlerweile auch Fussel. Sie wurde im Tierheim geboren und hat dort mehr als sechs Jahre verbracht, bevor sie nach Deutschland kam. Also quasi Crocodil Dundee auf vier Pfoten. Nach drei Monaten auf ihrer Pflegestelle kam sie zu Ben, einem seeeeehhhhhrrrr entspannten ca. 11-jährigen Schäferhund-Mix aus Rumänien. 

Schissi bedeutete bei Teeny zu Beginn, dass sie sich nicht spontan anfassen ließ, ständig flüchtete, wenn man sich in der Wohnung bewegte, bei Besuch im Flur auf der obersten Treppenstufe verbrachte, auf Spaziergängen vor anderen Menschen und Hunden flüchtete, anderen Hunden in die Nase biss, wenn diese ihr zu nahe kamen, des öfteren in die Wohnung pieselte, wenn sie sich freute und dabei aufregte, ………….. Wirklich entspannt war sie nur, wenn man sich hinlegte und es ihr überlies zu entscheiden, wann sie sich nähern möchte. Dann war sie super ausgelassen, lies sich streichen und schmusen, wie ein „normaler“ Hund. Am Schönsten findet sie es heute noch, wenn der Mensch wach wird: Dann kommt sie wie ein kleiner Aal angeschlengelt und möchte überall geschmust werden. Ein Zwergenland wäre der perfekte Ort für sie gewesen.

Da ich schon mal einen bissigen Hunde übernommen hatte, wusste ich nach der Beschreibung von Teenys Pflegefrauchen, dass ein solcher Hund Zeit braucht, bis er sein Verhalten ändert. Mit stoischer Gelassenheit sind Ben und ich zu Anfang an Menschengruppen vorbei geschlendert, mit einer panisch nach links und rechts ausweichenden Teeny. Mehrfach wäre ich dann fast über sie gefallen. Dieses Thema besserte sich nach 2-3 Wochen. Todesmutig ging sie dann an der langen Leine mit hochgestelltem Schwanz vorweg an den Menschen vorbei. Wurde sie dann allerdings angesprochen – sie ist ja eine hübsche kleine Maus – , klappte sie sofort Schwanz und Ohren zurück und sprang fluchtartig zur Seite. Auch dieses Verhalten ignorierten wir und gingen wortlos weiter.  Und an dieser Stelle muss man sagen, dass ein souveräner Zweithund der perfekte Lehrer ist. Ben ist ein kontaktfreudiger, aber nicht aufdringlicher Hund. Er geht zu jedem und ist immer friedlich. Anfangs war Teeny sehr aufgebracht, wenn er zu anderen Hunden ging. Kamen diese dann zu ihr, schnappte sie sofort in deren Nase und stellte sich anschließend unter Ben. Nach kurzer Zeit hatte sie alle Hunde auf dem Feld kennengelernt und wir unsere morgendlichen Begleiter verloren – alle machten einen Bogen um uns. Viele sagten: „Ist doch gut, dass sie sich nicht alles gefallen lässt und weiß, was sie will.“ Das sehe ich allerdings anders: Wenn sie lernt, ihre Ängste zu überwinden, wird sie das Leben viel mehr genießen können. 

 

Wir änderten also unsere anfängliche Strategie, Kontakte mit Hunden zu suchen und ließen ihr stattdessen Zeit, sich Bens Begegnungen anzusehen und selbst so lange passiv zu bleiben, bis sie selbst die Initiative nach vorn ergreift. Was dann nach und nach gut klappte war, gemeinsam mit anderen Hunden in die gleiche Richtung zu laufen – so lange der andere Hund Abstand hielt. Dann kam eine Zeit, wo Teeny Hunde ab einer gewissen Distanz anging und sie verscheuchte. Hier griff ich dann ein und sie erhielt einen Anschiss. Damit kann sie super umgehen. Sie ist zwar ängstlich, Tadel erträgt sie allerdings gut. 

Deutlich besser wurde es dann, als sie ohne Leine laufen durfte. Heute, nach fünf Monaten, freut sie sich zwar noch immer nicht über andere Hunde und lässt sich auch von fremden Menschen nicht anfassen, aber sie schnappt nicht mehr, rennt nicht mehr panisch weg und bleibt ruhig, wenn sich ein Hund nähert. Wenn sich aggressive Hunde nähern, leine ich sie an und wir gehen gemeinsam vorbei. Das macht sie schon richtig gut! Und der Vorteil eines Schissis: Er bleibt dabei, jagd nicht, hört super und freut sich selbst über jede Situation, die er gut meistert!

Im Haus ist Teeny noch immer unsicher und manchmal argwöhnisch. Wenn sie müde ist, ist dieses Verhalten noch ausgeprägter. Manchmal flüchtet sie noch, das Geschirr lässt sie sich nur im Windfang anziehen und ein direktes auf sie Zugehen ist noch immer nicht möglich. Dafür holt sie sich Leckerlies mittlerweile auch im Haus aus der Hand, bleibt in der Küche liegen, wenn ich dort arbeite, schmust, wenn wir auf dem Sofa sitzen und freut sich unendlich, wenn ich weg war und dann wiederkomme. Sie fährt super gerne mit dem Auto jemanden besuchen – bleibt dort aber immer in unserer Nähe. Spitze sind die Besuche im Hundeladen, wo wir Knochen kaufen und dann im Auto probieren. Teeny ist super neugierig, was ihr gut über ihre Ängste hinweg hilft. Wenn ich im Garten arbeite, ist sie immer neben mir. Was hier noch nicht funktioniert ist, dass ich sie direkt anfasse. Dann flüchtet sie wie zu Beginn. Wir sind also oft in SlowMo unterwegs, was Ben nicht schwerfällt. 

Teeny hat unser Leben in vielerlei Hinsicht bereichert: Sie ist liebenswert, verletzlich, mutig, neugierig, anhänglich, gelehrig, aufgeschlossen, ….. Ich lache viel über sie, zum Beispiel, wenn sie wie ein Häschen über das Feld fetzt, Fliegen empört wegbeißt, durch hohes Gras springt, neue Wege vornweg erkundet, an der Seite von Ben brenzliche Situationen meistert oder zu ihm läuft, wenn er hustet und ihn dann mit der Nase anstubst. Als er vor Kurzem Zahnstein entfernt bekam, und wir ihn noch halb in Narkose vom Tierarzt abholten, verstand Teeny die Welt nicht mehr: Ben fiebste, torkelte und lag halb tot auf seiner Matratze im Wohnzimmer. Sie legte sich dann auf ihn, später an ihn und paßte auf ihn auf.

 

Sie hat schon sehr viel gelernt und wir werden weiter üben. Und irgendwann wird sie soweit sein, dass sie es ist, die einem anderen Hund die schönen Seiten des Lebens zeigen und ihn beim Anfang eines neuen Lebens Hilfestellung leisten kann. Daran arbeiten wir und sie wird es schaffen!